Fundierte Intuition

Berlin, 20.06.2014


Intuition (lat.: intueri) beschreibt das ahnende Erfassen. Intuition bedeutet den Verzicht auf den vorausgehenden, diskursiven Gebrauch des Verstandes.

 

Sich 'auf seine Intuition' zu verlassen, kann im pädagogischen Kontext eine große Stärke sein. Menschen 'funktionieren' nicht nach einheitlichen Theorien oder Modellen. Gerade gegenüber Kindern und Jugendlichen, die selbst ihren Verstand nicht immer diskursiv gebrauchen, kann ein auf Intuition beruhendes Verhalten überraschend erfolgreich sein.

 

Sich als PädagogIn auf seine / ihre Intuition zu beziehen, um die theoretische Auseinandersetzung zu vermeiden ist unprofessionell. Sinnvoll für das Lösen pädagogischer Prozesse ist ein solches Vorgehen nicht. Der Bezug auf die eigene Intuition beinhaltet die Gefahr der Willkür. Und willkürliches Handeln ist unprofessionell und oft kontraproduktiv. Möglicher Weise steckt hinter dem hohen Lied der Intuition auch die Unfähigkeit, sich in ein Team einzuordnen und Aushandlungsprozesse gemeinsam zu führen.

 

Theorie, Intuition und Praxis stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Doch auf was beruht Intuition? Auf persönlichen Erfahrungen und dem theoretischem Fundament, dass man sich immerwährend aneignen muss. Das bedeutet im Weiteren, dass ein umfassendes theoretisches Wissen die Qualität meiner Intuition heben wird. Es kann folglich weder eine rein intuitive Pädagogik geben, noch eine nur theoretische oder eine ausnahmslos praktische.

 

Dies bedeutet für die Arbeit in pädagogischen Zusammenhängen, dass wir immer auf das sinnvolle Gewichten von Theorie und Praxis achten müssen.

 

Es ist ähnlich wie mit einem Garten und den Gartenbüchern. Wenn ich nicht nachgelesen hätte, dass Lupinen und Ringelblumen bestens als Bodenverbesserer taugen (man lässt diese zauberhaften Blumen einfach wachsen, freut sich an ihrer Schönheit und hakt sie vor dem Winter in den Boden ein), dann hätte ich gestern keine entsprechende Saat ausgebracht. Umgekehrt lehrt mich die Erfahrung, dass Radieschen und Rettich sehr gut auf unserem kargen Sandboden wachsen, Möhren und Mais aber weniger. Intuitiv habe ich neben die Zuckererbsen den Erdbeerspinat (Ja, so was gibt es!) gesät. Was daraus wird, werden wir sehen, ich habe noch keine Erfahrungen mit dieser Spinatsorte.

 

Ich wollte weder in einem rein theoretischen Garten arbeiten, noch willkürlich 'drauf los' gärtnern. Etwas Struktur und Planung braucht ein Gemüsebeet schon. Denn das Ziel ist ja neben Meditation, körperlicher Betätigung und Beobachtung auch die Ernte.

 

Zurück zur Pädagogik: Struktur und Planung sind die Konzeption, in den Büchern finden wir die Theorie, das Ziel ist das Leitbild und die Praxis ist das alltägliche Handeln, dass vor diesem Hintergrund viel fundierte Intuition beinhalten wird. Eine solche Intuition ist ein unverzichtbarer Teil gelingender pädagogischer Arbeit.

 

Matthias Hofmann